Der Markt für Balkonkraftwerke ist mittlerweile riesig und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. In der Regel kann man mit diesen recht einfachen PV-Modulen mit integriertem Wechselrichter einen Teil des Stromverbrauchs decken.
Aber auch hier gilt wie bei größeren Anlagen: Der Zeitpunkt der Sonneneinstrahlung stimmt nicht immer mit dem aktuellen Verbrauch überein. Um den Eigenverbrauch zu optimieren (der Überschuss geht ohne Vergütung an den Netzbetreiber), können intelligente Geräte eingesetzt werden, die z.B. den Geschirrspüler oder die Waschmaschine dann einschalten, wenn der Ertrag gerade hoch ist. Weitere Flexibilitäten sind in den typischen 4 Wänden leider nicht gegeben, schließlich möchte man sein “elektrisches” Leben nicht zu sehr an die Sonne binden.
Durch detailliertes Monitoring habe ich herausgefunden, dass an “guten” Tagen mehr als die Hälfte des erzeugten Stroms “ungenutzt” an den Netzbetreiber abgegeben wird. Eine naheliegende Lösung wäre nun der Einsatz eines Speichers, wie er bei Großanlagen mittlerweile üblich ist. Nach intensiver Marktrecherche musste ich jedoch ernüchtert feststellen, dass es für kleine PV-Anlagen so gut wie kein Angebot an Speicherlösungen gibt, die im Wohnraum Platz finden.

Warum AC gekoppelt?

Ein Balkonkraftwerk wird, wie der Name schon sagt, auf dem Balkon montiert und direkt an eine 230V Steckdose angeschlossen. Im Gegensatz zu einer großen PV-Anlage wird hier kein Gleichstromkreis durch Verschaltung der PV-Module aufgebaut, sondern der Wechselrichter sitzt direkt am Modul. Dadurch ergeben sich zwei Einschränkungen:

  • Der Strom wird direkt in die Steckdose eingespeist, d.h. eine DC-Speicherlösung ist nicht möglich.
  • Wenn der Speicher im Wohnraum installiert werden soll, müsste der Wechselrichter vom PV-Modul getrennt und die DC-Leitungen in die Wohnung verlegt werden.

Verfügbare Lösungen

Einige Hersteller behelfen sich mit speziellen Kabeln, die durch das Fenster geführt werden, aber ich persönlich finde das keine dauerhafte und ästhetische Lösung.

Idee

Eine von der PV-Anlage unabhängige Speicherlösung, die direkt an eine 230V Steckdose im Haus angeschlossen wird. Quasi ein bidirektionales Ladegerät + Batterie.
Leider gibt es auf dem Markt kaum Lösungen für Leistungen unter 1 kW, die dann auch noch einfach in Betrieb zu nehmen sind. Ich möchte hier nun meine Lösung vorstellen.

Batterie-Inverter + LiFePo4 Akku + Echtzeitzähler

  • Batterielade/Entladegerät: SolarInvert BatteryInvert BAT-xxxx-48V (z.B. BAT)
  • Batterie: Pylontech US2000 C
  • Echtzeitzähler: PQopen Messgerät (kann auch z.B. Shelly sein)
Schema-Grafik zur Verschaltung der verschiedenen Komponenten zu einer funktionalen Speicherlösung

Systemaufbau

Das System besteht im Wesentlichen aus der Speicherlösung selbst (Inverter + Batterie), der Kommunikations- und Steuereinrichtungen sowie dem Echtzeit-Leistungsmesser. Letztere sind notwendig, um den Speicher je nach aktueller Anforderung mit einem bestimmen Leistungswert zu Be- oder Entladen.

Kommunikation

Um den Speicher entsprechend der Bedingungen steuern zu können, ist es notwendig, dass die Komponenten von einem Controller (in meinem Fall ein Raspberry Pi) angesteuert werden können. Sowohl die Batterie als auch der Speicher können über RS485 ferngesteuert bzw. ausgelesen werden. Folgende Informationen müssen verfügbar sein:

  • Aktuelle Leistung am Netzanschluss (wird mit der Echtzeit-Leistungsmessung gemessen)
  • Ladezustand der Batterie
  • Leistungsanforderung an den Wechselrichter

Ziel des Speichereinsatzes ist in den meisten Fällen die Maximierung des Eigenverbrauchs und die Minimierung des Netzbezugs. Das bedeutet als Regelgröße: Die Leistung am Netzanschluss soll 0 (null) Watt betragen.

Ablauf der Regelung

Die Regelung läuft in einem 1s-Raster ab, um möglichst gute Reaktion auf veränderte Lastbedingungen zu gewährleisten.

  1. Messung der tatsächlichen (Wirk)-Leistung am Netzanschluss (=Regelabweichung)
  2. Übertragung der Daten an den Controller (in meinem Fall über WLAN und MQTT)
  3. Berechnung der aktuell notwendigen Leistung am Batterie-Wechselrichter (Erhöhung bzw. Verringerung um die Regelabweichung mit Abschwächungsfaktor)
  4. Berücksichtigung des aktuellen SOC (State-of-Charge) der Batterie in der Regelstrategie
  5. Anpassung der Stellgröße am Wechselrichter (Leistungserhöhung oder Reduktion)
  6. Durch die Änderung der Leistung des Batterie-Inverters ergibt sich eine resultierende Änderung der Leistung am Netzanschluss
Die grüne Kurve zeigt die Wirkleistung des Speichers (positive Leistung = Laden), gelb ist die Leistung am Netzanschluss. Man kann gut erkennen, dass der Regler immer versucht, die Leistung am Speicher so anzupassen, dass am Netzanschluss möglichst bei 0 W zu sehen ist.

Die Rolle des Stromzählers

Jetzt kommen wir zum wichtigsten Thema, warum wir all diese Anstrengungen unternehmen: Wir wollen natürlich, dass der Stromzähler möglichst wenig Energiebezug anzeigt. Und hier kommt uns zugute, dass fast alle bei uns verbreiteten Stromzähler (auch Smart Meter) saldierend eingestellt sind. Das bedeutet, dass vor der Energiezählung die Summe über die 3 Phasen gebildet wird. Hätte man einen phasenbezogenen Zähler, würde der Speicher sogar zu einem Mehrverbrauch führen.
Deshalb ist es sehr wichtig, diesen Umstand zu prüfen, bevor man überhaupt daran denkt, eine solche Anlage zu planen!
Bei unserer Anlage ist es so, dass der Speicher an Phase 1 und die PV-Anlage an Phase 3 angeschlossen ist. Das heißt, wenn PV-Strom zur Verfügung steht, entnimmt der Speicher Strom aus dem Netz, gleichzeitig wird aber über Phase 3 wieder eingespeist. Dadurch ergibt sich eine Summe von 0 W, wenn über die drei Phasen bilanziert wird.

Wirkleistung auf den einzelnen Phasen. Rot ist die Summenleistung am Netzanschluss. Rechts die Energiewerte für den dargestellten Zeitraum. Phase 1 und 2 beziehen aus dem Netz, Phase 3 liefert ins Netz. In Summe ist die Energie quasi Null, genau das was auch der Stromzähler messen wird.

Smart Meter können aus der Momentanleistung über verschiedene Wege die zu verrechnende Bezugs-Energie berechnen. Folgende Berechnungsarten sind dabei meistens implementiert:

Dabei kommt, wie vorhin erwähnt, in den meisten Fällen |+A|-|-A| zur Anwendung, das für den Endverbraucher die fairste Lösung darstellt. Quelle: User Manual Landis+Gyr E450 PLC 3-phase S2

Ausblick

In weiteren Blog-Artikeln werde ich über die Erfahrungen im Betrieb des Speichersystems berichten. Bei Fragen und Anregungen gerne an info@pqopen.com wenden oder einen Kommentar hinterlassen.

Im Zuge der Entwicklung ist eine Bibliothek zur Ansteuerung von SolarInvert Wechselrichtern entstanden. Diese wird in Kürze bei GitHub zur Verfügung stehen.

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