Seit Liberalisierung des Strommarkts wird „Elektrische Energie“ mehr und mehr als Produkt gesehen. Das hat folgenden Grund: Es können Richtlinien für die Qualität verfasst werden, wie für viele andere Produkte auch. Damit können objektiv Beurteilungen vorgenommen werden, die ein Mindestmaß von Qualität sicherstellen. Für die Qualität der Spannung hat sich eine Norm etabliert, die EN 50160, diese beschreibt, welche Qualitätsmerkmale die Versorgungsspannung in Haushalt und Industrie mindestens einzuhalten sind.
Dabei sind folgende Parameter festgelegt (Auszug aus der Norm fürs Niederspannungsnetz, Netzebene 7):

  • Netzfrequenz
  • Spannungshöhe
  • Oberschwingungen und THD
  • Spannungsschwankungen (Flicker)
  • Unsymmetrie
  • Spannung durch Signalübertragung
  • Spannungseinbrüche- und Überhöhungen

Der Netzbetreiber (nicht der Energielieferant) ist Verantwortlich für die Sicherstellung der Netzqualität an jedem seiner Übergabestellen (z.B. Hausanschluss). Dabei kann dieser nur einen Teil der Parameter überhaupt beeinflussen. Besonders die Netzfrequenz liegt nicht in dessen Hand, sondern bei dessen übergeordneten Stellen, da die Frequenz im gesamten Europäischen Verbundnetz die selbe ist.

Laut Norm haben die entsprechend genannten Parameter innerhalb eines Wochenintervalls gewisse Limits nicht zu überschreiten. Um dies zu prüfen und Sicherzustellen, gibt es spezielle Messgeräte, die temporär das Netz an verschiedenen Stellen überwachen (Power Quality Analyzer, Spannungsqualitäts-Messgeräte). Wir sind gewohnt, dass Strom bzw. Spannung in hoher Qualität zur Verfügung steht, und befassen uns demnach kaum mit diesem Thema. Erst wenn gewisse Geräte im Haushalt oder der Industrie ein seltsames Verhalten zeigen, wird geprüft und gemessen, was aber oftmals bei zufällig auftretenden Phänomenen eine ziemliche Herausforderung darstellt. Deshalb macht es durchaus Sinn, permanent die Spannungsqualität zu überprüfen, auch als „Stromkunde“, um im Falle des Falles Fakten gegenüber dem Netzbetreiber vorzuweisen.

Um bessere Aussagen bezüglich Verursacher und Wirkung zu bekommen, als auch detaillierte Energie und Lastprofile zu erstellen (die meist viel interessantere Informationen für den Endverbraucher darstellen) sind die meisten Power Quality Analyzer mit zusätzlicher Strommessung ausgestattet, um die Leistung und entsprechend die Lastprofile aufzuzeichnen.

Geräte, die fähig sind, die Qualitätsparameter zu erfassen, müssen der EN 61000-4-30 entsprechen. Diesem Standard werde ich in einen separaten Artikel widmen, da dieser die Grundlage für die zu berechnenden Größen bietet.

Netzfrequenz

Im elektrischen Energiesystem (AC-System) kommt der Netzfrequenz eine besondere Rolle zu. Diese wird hauptsächlich zur Regelung von Einspeisung & Erzeugung herangezogen, da eine gleichbleibende Netzfrequenz ein Maß für die Balance zwischen Erzeuger und Verbraucher darstellt. Das europäische Verbundnetz hat zu jeder Zeit an jedem Ort die selbe Netzfrequenz (statisch gesehen), diese ändert sich nur bei dynamischen Ausgleichsvorgängen lokal geringfügig. In einem Fehlerfall kann davon abweichen.

  • 99.5% der 10-Sekunden Mittelwerte der Frequenz müssen innerhalb eines Jahres m Bereich von ±1% liegen
  • 100% der 10-Sekunden Mittelwerte der Frequenz müssen innerhalb eines Jahres m Bereich von +4%/-6% liegen

Spannungshöhe

Die Spannungshöhe (auch Amplitude) ist eines der Hauptparameter, die auch für die Meisten ein Begriff darstellt. In unseren Breiten ist die Nennspannung am Verbraucheranschluss auf 230V (Leiter-Neutralleiter) festgelegt. Dieser Bereich der üblicherweise die Netzebene 7.

  • 95% der 10-Minuten Mittelwerte des Effektivwerts müssen innerhalb eines Wochenintervalls im Bereich von ±10% liegen
  • 100% der 10-Minuten Mittelwerte des Effektivwerts müssen innerhalb eines Wochenintervalls im Bereich von +10%/-15% liegen

Spannungsschwankungen / Flicker

Kurzzeitige Spannungsänderungen können zu Problemen, insbesondere von Beleuchtungsanlagen, führen. Die Änderungen der Spannung werden mit einem sogenannten IEC-Flickermeter gemessen, welches die Wahrnehmung von Helligkeitsschwankungen von Leuchten verursacht durch die Spannungsänderungen bewertet. Einfluss haben dabei die Höhe als auch die Dauer von diesen Änderungen.

  • 95% der 2-Stunden Plt-Werte müssen innerhalb eines Wochenintervalls kleiner als 1 sein

Unsymmetrie der Versorgungsspannung

Typisch sind elektrische Anschlüsse von Gebäuden und Anlagen als Drehstromnetze ausgeführt. Die Spannung dieser drei „Phasen“ ist ideal Symmetrisch, also 120° phasenverschoben bei gleicher Amplitude. Unter realen Bedingungen kommen aber durch diverse Verbraucher Unsymmetrien zustande, die andere Lasten im Netz (insbesondere elektrische Maschinen) beeinflussen.

  • 95% der 10-Minuten Mittelwerte der Gegensystemkomponente müssen innerhalb eines Wochenintervalls im Bereich von 0% – 2% der Mitsystemkomponente liegen

Oberschwingungsspannung

Durch nichtlineare Lasten entstehen Strom-Oberschwingungen die sich wiederum durch die Impedanzen im Netz zu Spannungs-Oberschwingungen ausbilden. Diese können zu unerwünschten Strömen anderer Verbraucher führen und belasten u.a. auch viele Netzkomponenten.

  • 95% der 10-Minuten Mittelwerte der einzelnen Oberschwingungen müssen innerhalb eines Wochenintervalls im Bereich kleiner als in Tabelle 1 angeführt liegen
Quelle: EN 50160:2010

Zwischenharmonische Spannung

Durch aktive Komponenten im Netz entstehen auch Zwischenharmonische Spannungskomponenten. Derzeit existieren dazu aber noch keine Grenzwerte.

Signalspannung

Um Fernschaltung von Verbraucheranlagen (z.B. Aktivierung von Nachtspeicheröfen) und öffentlichen Einrichtungen (z.B. Straßenlampen) zu ermöglichen, betreiben viele Elektrizitätsnetze Tonfrequenz-Rundsteueranlagen. Diese prägen auf die Versorgungsspannung eine nicht-harmonische Spannung auf, die von den Empfangsgeräten demoduliert wird. Um Störungen von anderen Verbrauchern zu Vermeiden, ist die Amplitude dieser Spannung zu begrenzen. Das maximal erlaubte Level ist Frequenzabhängig

Quelle: EN 50160:2010 Bild 1

Spannungsereignisse

Spannungsüberhöhungen oder Einbrüche sind auch zu erfassen. Hierbei sind die Ereignisse entsprechend ihrer Eigenschaften (Extremwert & Dauer) zu Klassifizieren. Dabei sind keine Grenzen festgelegt, wie häufig die jeweiligen Ereignisse auftreten dürfen.

Beispielbericht

Das Reporting der Qualität folgt keinen Richtlinien, es ist keine Form festgelegt. Anbei finden Sie einen Beispielbericht, der die Situation in einem realen Netz widerspiegelt.